Vor 32 Jahre Jahren wurde Ulrich Hahn in der Winsener St. Jakobus-Gemeinde zum Pastor berufen. Als er im September 1989 eingeführt wurde, fand er ein ganz anderes Umfeld vor als bei seiner vorherigen Tätigkeit: „Ich kam aus der ländlichen Gemeinde Apensen. Es war schon eine Umstellung, in eine städtische Gemeinde zu wechseln, in der beispielsweise nicht zu jeder Beerdigung die Kirche gefüllt ist wie auf dem Dorf, wo man sich eben kennt.“ Probleme bereitete ihm die Umstellung jedoch nicht. „Sankt Jakobus hat einen ganz eigenen Charakter“, sagt Pastor Hahn über die kleinere der beiden Kirchengemeinden in Winsen, die ohne Kirchengebäude auskommt: Die im Gemeindehaus gelegenen sakralen Räume wurden im Lauf der Jahre immer mehr zu einer Kirche, die jetzt auch von der Landeskirche anerkannt ist. In der Mitte des Saals steht ein großer, achteckiger Tisch für das Abendmahl – man kann sich gegenseitig anschauen und ist sich dadurch vergleichsweise nah während der Predigt. Für den Predigenden sei das sehr angenehm, weil man in den Kreis hinein rede und nie über die Köpfe hinweg. „Die Gemeinde ist vergleichsweise jung“, erzählt der Pastor. „Von Anfang an habe ich sehr engagierte Gemeindeglieder erlebt, die sehr eigenständig ihre Ideen von Kirche eingebracht haben. Vieles ist informeller als woanders, wir haben in der Liturgie und auch musikalisch viele Freiheiten. Das schätze ich sehr.“ Über die Gestaltung des Gottesdienstes und des Gemeindelebens wird gemeinsam entschieden. „Vor einigen Jahren gab es ein ‚Open Space‘ mit viel Beteiligung. Wir haben viel darüber gesprochen, wie und warum wir Abendmahl feiern wollen. Dabei kam raus, dass eigentlich niemand ein klassisches Kirchengebäude vermisst und gerade das Zusammensitzen und Feiern am Tisch während das Abendmahls viel für das Gemeinschaftsgefühl tut.“
In den letzten Jahren gab es einige bauliche Veränderungen, die Ulrich Hahn als Bereicherung empfindet. Ein Anbau sorgte für mehr Raum im Küchenbereich und macht die Räume leichter zugänglich. „Dadurch können wir uns besser mit der Nachbarschaft vernetzen und Kindergarten- oder Yogagruppen einen Raum zur Verfügung stellen“, so Hahn. Insbesondere die gedeckte Kaffeetafel, an der die Gottesdienstbesucher auf dem Weg zum Ausgang vorbei gehen, sei für ihn ein großer Zugewinn und erleichtere den Zusammenhalt der Gemeinde.
Besonders schätzt Pastor Ulrich Hahn die regelmäßigen Besuche im Kindergarten, wo er jedesmal fröhlich begrüßt wird: „Den Kindern den Glauben zu erklären macht mir besonders Spaß, weil ich dabei sehr grundsätzliche Gespräche führe und die ehrlichsten Rückmeldungen bekomme.“ Die Kita „Unter dem Regenbogen“ in Borstel ist mit St. Jakobus verbunden.
Ulrich Hahn ist, neben seinem Pastorenamt, leidenschaftlicher Musiker und Gründer der Band „The Doctors and Preachers“. Seit 2009 spielt er Saxophon mit der Formation „Jakos Flat Five“. Auch in den Gottesdiensten bringt er seit vielen Jahren regelmäßig sein Saxophon mit. „Die Musik kann Dinge ausdrücken, bei denen Sprache an ihre Grenze stößt. Besonders im Jazz und auch in alten Chorälen gibt es hochenergetische Power Chords, die durch ihren bloßen Klang eine ungeheure spirituelle Kraft entwickeln. Und im Jazz steckt die Energie des Blues und der Spirituals: einerseits das Leiden unter der Sklaverei, andererseits die Hoffnung auf Erlösung - eine Musik, die wunderbar in den Gottesdienst passt."
Über die Gemeinde hinaus engagierte sich Ulrich Hahn besonders als Vorsitzender des Kirchenkreistages (jetzt: Kirchenkreissynode), einen Posten, den er über 20 Jahre innehatte. In diesem Zusammenhang leitete er die erste Superintendent*innenwahl der Landeskirche: Bis 2003 wurde das Amt des Superintendenten von der Landeskirche besetzt. Mit Ingrid Sobottka-Wermke zur Superintendentin des Kirchenkreises Winsen wurde nun erstmals eine Kandidatin vom kirchlichen Parlament des Kirchenkreises gewählt.
Ein Höhepunkt seines landeskirchlichen Engagements als Pastoralpsychologe war die Leitung mehrerer Familienkurse für Pastor*innen und Diakon*innen in den ersten Amtsjahren, in denen zur Koordination von Familie und Beruf gearbeitet wurde. Als inoffizieller "Botschafter für den norddeutschen Protestantismus" wirkte er im Seminar für katholische Religionspädagogik in Innsbruck mit.
Nach über drei Jahrzehnten wird Ulrich Hahn, der die letzten Jahre einige Stunden reduzierte, um sich zusätzlich um die Palliativarbeit im Kirchenkreis zu kümmern, bald nicht mehr am Altar stehen. „Rückblickend ist es beeindruckend, wie viele Menschen hier mitgemacht haben und sich engagiert haben, um die Gemeinde zusammen voran zu bringen. Ich denke, dass ich dazu beitragen konnte, den Energien aus der Gemeinde Raum zu geben und Entwicklungen gemeinsam wachsen zu lassen.“