Appell der Freien Träger: Finanzierung der Migrationsberatung beibehalten!
Die Niedersächsische Landesregierung debattiert aktuell über die Finanzierung der Migrationsberatungsstellen in den Jahren 2022 und 2023. Mittelkürzungen von fast 50% sind in der politischen Diskussion. Die freien Träger der Wohlfahrtspflege, die die Angebote mit Mitteln der Landesregierung durchführen, warnen: Eine drastische Kürzung hätte schwerwiegende Auswirkungen auf die zukünftigen Erfolge ihrer Arbeit, also der Integration von Zugewanderten. Die Qualität und Intensität der Beratungen könnten nicht aufrechterhalten werden. Eine vergleichbare Alternative zu den angebotenen Beratungsleistungen gibt es nicht.
Ein wesentlicher Bestandteil der vom Land finanzierten Maßnahmen zur Förderung von Integration ist die Migrationsberatung. Primäres Ziel dieses Angebots ist es, zugewanderte Menschen aktiv dabei zu unterstützen, ihre Lebenssituation eigenverantwortlich und selbstständig zu gestalten. Idealerweise tragen die Beratungsstellen dazu bei, dass es den Menschen gelingt, sich in der neuen Heimat zu orientieren, Lebensperspektiven zu entwickeln und einen dauerhaften Arbeitsplatz zu finden.
Viele Ratsuchende kommen als Flüchtlinge mit ungesichertem Aufenthaltsstatus zunächst in die Flüchtlingsberatungsstellen. Dabei hat – im Vergleich zum Jahr 2015 mit der Krise in Syrien und anderen Ländern – die Zahl der Menschen, die die Angebote in Anspruch nehmen, etwas abgenommen. Viele von ihnen haben inzwischen eine langfristige Aufenthaltsperspektive und erhalten als Migrant*innen unter anderem Unterstützung darin, ihre Sprachkenntnisse in Integrationskursen zu verbessern oder Schul- und Berufsabschlüsse anerkennen zu lassen. Eine wichtige Aufgabe der Migrationsberatung besteht darin, mit den zugewanderten Menschen, die nicht in ihrem Ausbildungsberuf arbeiten können, berufliche Alternativen zu finden, bei denen sie ihre Fähigkeiten einbringen und zukünftig selber für ihren Lebensunterhalt sorgen können.
Der Beratungsbedarf dieser Menschen ist nach wie vor erheblich, zumal der Familien-nachzug, der in vielen Fällen genehmigt wurde, in der kommenden Zeit wieder verstärkt Beratung erfordern wird. Die nachkommenden Familienmitglieder benötigen zum Beispiel Orientierungshilfe beim hiesigen Bildungssystem, unter anderem bei den notwendigen Schritten, um ein Kind in der Kita anzumelden, die Einschulung auf den Weg zu bringen und Unterstützung für den notwendigen Spracherwerb für den Schulbesuch zu organisieren. Das ist nur ein kleiner Teil der erforderlichen Beratungs- und Bildungsarbeit. Allein im Landkreis Harburg werden von vier Sozialarbeitenden von AWO, Diakonie und Courage (Neu Wulmstorf) rund 1.600 Familien in durchschnittlich 5.500 Beratungsgesprächen jährlich unterstützt.
Hinzu kommt, dass durch die Kita- und Schulschließungen während der Corona-Pandemie insbesondere Kinder aus neu zugewanderten Familien im schulischen Kontext häufig den Anschluss verloren haben und die Familien durch das Zusammenleben auf sehr engem Wohnraum extrem belastet sind. „Aus diesen Gründen spricht alles dagegen, die Beratungsstellen zu reduzieren. Anders als angenommen kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Beratungsbedarf sinkt. Das Gegenteil ist der Fall!“, berichtet Anna Vaccaro-Jäger, Geschäftsführerin des AWO-Kreisverbands Harburg-Land e.V., aus dem Beratungsalltag ihrer Kolleg*innen.
„Wir appellieren an die Landesregierung, auch in Zukunft ausreichend Mittel für diese wichtigen Beratungsstellen zur Verfügung zu stellen. Die Integration von Migrantinnen und Migranten, bei der wir mit unseren Angeboten die zugewanderten Menschen unterstützen, sollte nicht durch Sparmaßnahmen erschwert werden – es ist eine präventive Arbeit“, sagt Ralf Burmeister, zur Zeit Vorsitzender der Kreisarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege im Landkreis Harburg.
Fünf Verbände
haben sich zur Kreisarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege
im Landkreis Harburg zusammengeschlossen:
Diakonisches Werk der Ev.-luth. Kirchenkreise Hittfeld und Winsen,
AWO Kreisverband Harburg-Land e.V.,
Caritasverband für den Landkreis Harburg e.V.,
DRK Kreisverband Harburg-Land e.V.,
Der Paritätische Harburg
Ines Appel (Diakonie), Ralf Burmeister (Diakonie, z.Z. Vors. der Kreisarbeitsgemeinschaft), Anna Vaccaro-Jäger, Elisabeth Meinhold-Engbers (AWO), Roger Grewe (DRK) und Christoph Seese (Paritätischer) – nicht im Bild: Michael Rittmeier (Caritasverband); Foto: Kreisarbeitsgemeinschaft.