Diakoniestation von Pflegekrise betroffen

28. September 2023

Die Diakoniestationen Nordheide gemeinnützige GmbH hat beim Amtsgericht Lüneburg Antrag auf „Insolvenz in Eigenverwaltung“ gestellt. Der zum Landesverband des Diakonischen Werks in Niedersachsen gehörende Ambulante Pflegedienst mit 77 Angestellten betreut 360 Menschen in der häuslichen Alten- und Krankenpflege in der Region Hittfeld, Winsen (Luhe), Neu Wulmstorf und Buchholz in der Nordheide.

„Während des mit dem Antrag angestoßenen Insolvenzverfahrens läuft der alltägliche Pflegebetrieb der Diakoniestationen normal weiter“, sagt Dr. Christian Bendrath, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung. „Die Patientinnen und Patienten werden weiterhin versorgt und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie bisher für ihre Arbeit entlohnt. Wir führen den Betrieb fort. Das ist auch das Ziel des jetzt beginnenden Verfahrens.“ 

In wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten war die Diakoniestationen Nordheide gemeinnützige GmbH aufgrund von gestiegenen Personalkosten durch Tariferhöhungen, die auf Einnahmenseite nicht aufgefangen werden konnten: „Die Insolvenz ist im aktuellen Geschäftsjahr 2023 unumgänglich geworden, weil alle bisherigen Schritte zur Sanierung des Ambulanten Pflegedienstes noch nicht zu einem nachhaltigen Erfolg geführt haben“, sagt Geschäftsführer Jamal Bounoua. „Den an und für sich begrüßenswerten und für richtig erachteten Lohnsteigerungen im Rahmen des Tariftreuegesetzes stehen keine ausreichend erhöhten Umsätze gegenüber“, so Bounoua. Die Ertragsprobleme resultierten wesentlich aus den nicht auskömmlichen Vergütungsvereinbarungen mit den Kostenträgern, die die Ambulante Pflege im Flächenland Niedersachsen insgesamt betreffen. Trotz vielfältiger Bemühungen und intensiven Gesprächen mit politisch Verantwortlichen hätten sich die Rahmenbedingungen, die für einen wirtschaftlichen Betrieb in der Ambulanten Alten- und Krankenpflege nötig seien, noch nicht grundlegend verändert. Somit bleibe ein erheblicher Kostendruck auf die einzelnen Leistungserbringer bestehen, dem eigentlich nur unter optimalen, kaum aber unter alltäglichen Bedingungen erfolgreich begegnet werden kann.

 

Erst kürzlich hat im Landkreis Harburg auch ein Ambulanter Pflegedienst in privater Trägerschaft einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung gestellt. Insgesamt steht die gesamte Pflegebranche im Norden Niedersachsens und darüber hinaus vor ähnlichen Schwierigkeiten, unter alltagsnahen Bedingungen auskömmlich wirtschaften zu können, zu denen z. B. weite Wege im ländlichen Raum oder auch ein erhöhter Krankenstand der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören. Mit vielfältigen öffentlichen Aktionen versuchen die Betriebe in diesen Wochen auf die akute Gefahr weiterer Unternehmensschieflagen sowie einer drohenden Unterversorgung in der Ambulanten sowie Stationären Pflege hinzuweisen.

 

Im jetzt anlaufenden Verfahren werden alle Optionen geprüft, die Diakoniestationen Nordheide entweder eigenständig oder in einer Partnerschaft mit anderen Trägern fortzuführen. „Den beiden Gesellschafterinnen, den Kirchenkreisen Hittfeld und Winsen, ist bei der Restrukturierung und Sanierung daran gelegen, dass die Zukunft der Diakoniestationen Nordheide weiterhin unter dem Dach der Diakonie steht. Wir sind zuversichtlich, eine tragfähige Lösung zu finden“, sagt der Geschäftsführer.

 

Als vorläufiger Sachwalter in der „Insolvenz in Eigenverwaltung“ zur Sanierung der Diakoniestationen Nordheide gemeinnützige GmbH ist Rechtsanwalt Dr. Tjark Thies von der Wirtschaftskanzlei Reimer in Hamburg bestellt worden. Operativ begleitet wird die Unternehmenssanierung von der Kanzlei Olaf Schubert, Schöneiche bei Berlin, und Dr. Christian Matiebel, Hamburg. Gemeinsam setzen alle Beteiligten alles daran, sich in der derzeitigen Pflegekrise zu behaupten und die Schieflage der Diakoniestationen Nordheide nachhaltig zu überwinden.